Schutz - Die Abwehr von Bedrohung


Die Natur ist mächtig: Wirbelstürme, Hochwasser, Trockenzeiten, Vulkanausbrüche, Erdbeben, Tsunamis, Lawinen. Tief in unser archaisches Gedächtnis ist eingebrannt, dass die Welt voller Gefahren ist.


Angst ist daher eine Schutzfunktion um das Überleben als Mensch zu sichern. Die Höhle schützt vor Regen, Wind und Sturm. Das Rudel schützt seine Jungtiere vor Angriffen von feindlichen Tieren. Als Menschen Schwerter benutzen, um damit Kriege zu führen, entwickeln sie das Schild. Im richtigen Moment vor den Körper gehalten, bewahrt es den Menschen vor dem tödlichen Stoß. Je gefährlicher die Waffen werden, um so weitreichender wird der Schutz - angefangen vom Kettenhemd bis hin zur Rüstung.


Doch gegen Pistolenkugeln helfen schließlich auch Rüstungen nichts mehr. Schutz ist immer eine Antwort auf die reale Bedrohung. Dort, wo es kalt werden kann, schützt warme Kleidung uns vor Kälte. Impfungen schützen uns vor schweren Krankheiten. Damit wir sicher reisen können, unterziehen wir uns einer Sicherheitskontrolle am Flughafen. Damit wir sicher im Internet verkehren können, installieren wir Virenschutzprogramme. Wir legen uns Kopien der wichtigsten Daten an, damit sie geschützt sind. Wir begegnen einem immer schnelleren werdenden Wettlauf. Nie konnten wir uns besser vor Gefahren schützen.

Doch nicht nur unser Schutzbedürfnis wird größer sondern auch die Dimension der Bedrohung wächst parallel mit der gewachsenen Sicherheit.


Terrorismus ist die latente Gefahr unserer Zeit. Sie taucht unvermittelt auf und ist nicht vorhersehbar. Terrorismus lebt von Größe des Ereignisses. Je dramatischer das Ereignis, desto größer wird die Angst. In Deutschland und vielleicht Westeuropa wird Terrorismus als von außen in unsere Gesellschaft gebracht angesehen. Man meint, dass die eigene Gesellschaft an sich funktioniere, aber aus anderen Teilen der Welt negative Kräfte einwandern. Daraus erwächst der politische Druck sich gegen diese als importiert empfundene Bedrohung schützen zu müssen. Aus der Urfunktion Schutz wird Protektionismus. Dies ist der Ausgangspunkt des vierten Szenarios.

Das Szenario zum Schutz: Lähmender Protektionismus


Schon im Jahre 2016 ereignen sich erste Weichenstellungen. Großbritannien tritt aus der EU aus, Amerika wählt einen Präsidenten, der „Amerika first“ zum Wahlkampfthema erhoben hat, Italien stimmt gegen eine Verfassungsreform, die die Machtbefugnisse aus den Regionen zentralisieren will. Überall in der westlichen Welt scheinen nationalistische Töne auf dem Vormarsch zu sein.


Sehr oft wird nicht nur das Schutzbedürfnis gegen Einwanderer ins Feld geführt, auch zunehmende Globalisierung wird als nachteilig empfunden. Angst vor wirtschaftlichem Abstieg, die Sorge dem zunehmenden Veränderungsdruck nicht gewachsen zu sein, aber auch fehlende Möglichkeiten die Globalisierung zu kontrollieren, führen zu Protektionismus. Durch Abschottung scheint es möglich, die Komplexität einer globalen Welt soweit zu vereinfachen, dass die Regeln, in denen Veränderung stattfindet, kontrollierbar bleiben.


Wirtschaftliche Krisen und Notsituationen haben es im Jahre 2050 nötig gemacht, dass Staaten beschlossen haben, ihr Gebiet zu schützen. Zuerst erhoben die Staaten auf bestimmte Güter Einfuhrzölle, um die eigene Wirtschaft zu stärken, doch im Gegenzug verhängten andere Staaten ebenfalls Einfuhrzölle auf andere Produkte. Im Zuge der Eskalationen werden nicht nur der Austausch von Gütern zurückgefahren sondern auch die Ein- und Ausreisemöglichkeiten eingeschränkt. Wirtschaftliche und politische Drohungen schaukeln sich gegenseitig hoch. Es entstehen Handelskriege, in deren Verlauf immer neue Zollschranken eingeführt werden. Die Produktion geht zurück und mit nationalistischen Parolen versuchen die Regierenden die Menschen von ihrem wirtschaftlichen Elend abzulenken.


Doch immer, wenn es Verbote gibt, gibt es Menschen, die diese Verbote zu durchbrechen versuchen. Daher erfordert dieses Szenario ein hohes Maß an Überwachung seiner Bürger. Die Überwachung ist nötig, um einerseits den Umgehungsbestrebungen von Einfuhrbeschränkungen Einhalt zu gebieten, doch auch um eine größer werdende Kritik an dieser Politik begegnen zu können. Immer härter muss durchgegriffen werden, um den Widerstand im Keim zu ersticken. Die Gefahr eines Krieges ist in diesem Szenario am größten. Denn neben der Gefahr einer inneren Destabilisierung versuchen Machtblöcke sich gegenseitig zu destabilisieren. Dies geschieht nicht durch Zölle, auch Hackerangriffe oder politische Unterwanderung und gefälschte Wahrheiten werden genutzt.


Die schwächsten Staaten scheinen einnehmbar, andere Staaten werden so aggressiv, dass sie wegen ihrer Aggressivität heraus bekämpft werden müssen. Es geht den Menschen immer schlechter. Doch Mechanismen, die das Wechseln von Regierungen in Normalzeiten erlauben, sind außer Kraft gesetzt. Eine Umkehr der Situation, ein Öffnen nach außen scheint nicht möglich.