Indonesien


Es mischt sich viel in dem Inselstaat. 300 oder mehr Stämme sind vorhanden, sagen Experten, unserer Reiseführe. Er wiegt sehr genau ab, aus welchem Teil des Landes und von welchem Stamm jemand kommt. Ein wichtiges Kriterium für eine gute oder weniger gut angesehene Abstammung ist in seinen Augen die Emotio nalität der verschiedenen ethnischen Grup pen, wobei er das Wort Emotionalität negativ belegt. Eine Gruppe mit geringer Emotionalität ist hoch angesehen. Von Jakarta aus nimmt Richtung Osten die Emotionalität zu und damit das Ansehen ab. So langsam verstehe ich, dass indonesische Politik ganz viel mit „nation-building“ zu tun hat. So wie sich verschiedene Inseln zu einem Indonesien mischen, mischen sich auch verschiede Religionen bunt durcheinander.


Aber Islam, Buddhismus, Hinduismus und Christen leben weitgehend friedlich zusammen. Auf dem Borobudur feiern denn auch Moslems, Buddhisten und Christen zusam men ihre Festtage; Hauptsache, es gibt was zu feiern. Wie in vielen aufstrebenden asiatischen Städten ist der Verkehr eine Katastrophe. Deshalb ist ein Mofa oder Motorrad ein wichtiges und günstiges, vor allem aber ein schnelles und effektives Fortbewegungs- mittel. An der Ampel einer größeren Stadt stehen denn auch zuvorderst immer drei, vier, fünf Reihen aus lauter Motorrädern, erst dahinter kommen die Autos. Die Nichte unseres Reiseführers erklärt, dass sie die ärmeren Jungs daran erkenne, dass deren Schuhe an der Seite durch Kickstarter abgewetzt sind.


In den kleineren Orten, abseits der großen Industriestädte, gibt es noch den Dorfführer, sozugen der Bürgermeister. Er wird auf 5 Jahre gewählt, bekommt aber kein Geld vom Staat. Er bekommt Reisfelder, die ihn ernähren und er bekommt beim Verkauf von Grundstücken 2% des Verkaufspreises und sicher auch noch die eine oder andere Gebühr dazu. Auch die Ein- und Ausreise nach Indonesien kostet Geld. 25 Dollar sind es bei der Einreise, bei der Ausreise sind dann nur noch umgerechnet 10 Euro zu zahlen.


Zum Thema Geld erzählt unser Reiseführer einen Witz: Ein Chinese kommt nach Indonesien und will Geschäfte machen. Der Beamte führt ihn ins Hinterzimmer, er muss 100 Euro bezahlen und darf Geschäfte machen. Auch der Koreaner kommt nach Indonesien und er erfährt die gleiche Prozedur. Dann kommt der Deutsche nach Indonesien. Auch er muss ins Hinterzimmer und 100 Euro bezahlen. Was sagt der Deutsche am Ende? „Kann ich bitte eine Quittung haben!“ Unser Reiseführer lacht schallend.


Viele Menschen sind arm. Mit umgerechnet 90 Euro kann man in Indonesien einen Monat überleben, so schätzt unser Reiseführer. Als er studiert hat, so erzählt er, hatte er kein Geld ein Mädchen zum Essen auszuführen. Aber sein Herz war entflammt und so beschloss er, das Wertvollste, was er hatte, in Geld umzutauschen. Am nächsten Tag verkaufte er einem seiner Freunde seine Lewis Jeans. Nun konnte er sein Mädchen zum Essen einladen. Als er ihr dann im Lokal gegenüber in die Augen sah, sagte er. „Mein Herz ist voller Sehnsucht zu Dir, aber du isst gerade meine Hose.“


So sehr Geld und wirtschaftlicher Aufstieg wie in allen asiatischen Ländern eine wichtige Rolle spielen, so sehr leben denn uralte Traditionen in vielen Familien fort. Oft besitzt eine Familie noch einen Kris, einen alten kurzen - über Generationen vererbten - Dolch. Der Kris ist weniger heute eine Waffe, er ist ein mystisches Symbol, das für Macht und Aura steht. Früher wurde er manchmal mit giftigen Schlangenöl getränkt und so der Feind damit ermordet. Auch Frauen hatten einen Kris, etwas kleiner und kürzer, so konnten sie ihn griffbereit im Knoten ihres Haares verstecken. Unser Reiseführer entdeckte eines Tages einen alten aber verschmutzten Kris auf einem Markt. Da der Kris alt war, konnte man damit auf dem Markt in Jakarta etwas Geld verdienen. Er lies den Dolch reinigen, um ihn bei der nächsten Fahrt in die Hauptstadt wieder zu verkaufen. Doch wenige Tage, nachdem er ihn in seine Wohnung gebracht hatte, wurde seine Frau übellaunig und seine Tochter bekam fürchterliche Kopfschmerzen. Er ging zu einem Kris-Spezialisten, da er vermutete, der neu erworbene Kris habe damit zu tun. „Ganz recht!“, sagte dieser. „In der Tat verbreitet dein neuer Kris zuhause eine schlechte Aura, denn er kämpft mit dem anderen Kris, deinem eigentlichen Kris, in deinem Haus um Macht und Einfluss. Du musst den neuen Kris sofort hergeben, aber du darfst damit kein Geld verdienen. Also verschenkte unser Reiseführer den restaurierten neu erworbenen Kris und kurz danach hatte seine Frau wieder gute Laune und die Kopfschmerzen seiner Tochter waren verschwunden.


Ich wusste vorher nicht, wie eine Reispflanze aussieht. Ich wusste nicht, wie Teeplantagen aussehen, aber der stärkste Eindruck war, auf den Mount Bromo hinaufzusteigen. Den klebrigen Vulkanstaub, der dauernd um mich herumwirbelt, finde ich nachher in jeder Ritze, an Haut und Haaren. Aber dann schaue ich vom Kraterrand hinab in eine weiße Suppe und bin Millionen von Jahren zurück. Da war die Erde wüst und leer.